Christof Stählin

Die Liebe der Wale

Die Menschen, wenn sie sich fortbewegen
So setzen sie aufrecht Fuß vor Fuß –
Die Wale droben, im Eismeer dagegen
Sie fächeln die Fluten mit Flossenschlägen
Und liegen, wenn sie geh'n!

Die Menschen lieben sich im Liegen
Und es ist ihnen wohl dabei –
Aber die Wale im Eismeer drüben
Die spritzen das Wasser aus den Bartensieben
Und lieben sich im Steh'n!

Die Köpfe aus den Fluten gehoben
Der Wal bei der Liebe feierlich schnauft –
Die Walkörper dicht aneinander geschoben
Fontänen aus den Nasen geschnoben –
Man kann's von weitem seh'n!

Die Augen in den triefend nassen
Köpfen seitlich nach hinten gestellt –
So können sich diese unsäglichen Massen
Weder mit Augen noch Armen erfassen
Doch in den Himmel seh'n!

Hundert und aberhundert Tonnen
Bebendes Fleisch in Liebe verzückt
Ach Menschlein, du kannst dir solche Wonnen –
Du wiegst ja nicht einmal eine Tonnen –
Nicht denken noch versteh'n!

Und wenn sie am Schluß auseinanderstreben
So stehn sie nicht auf, wie die Menschen tun –
Sie sinken zurück in die Fluten ergeben
Ja, die Wale erwachen zu neuem Leben
Indem sie untergeh'n!